„Was ne geile Kartoffel“…

... manchmal fragt man sich ja schon, was einen dazu verleitet, bestimmte Dinge zu sagen. Dinge, die mehr oder weniger sinnlos sind - und am Ende dann doch eine Menge Einfluss haben. Zum Beispiel auf den Namen des aktuellen Kajaks eines renommierten deutschen Bootherstellers. Doch mal von vorne.

Als unsere „The Horny Potato“, oder kurz „THP“, vor rund eineinhalb Jahren das Licht der Welt erblickte, wurde nicht nur der Name kontrovers diskutiert. Auffällig war und ist vor allem auch das radikale Erscheinungsbild des neuen Creekers. Denn der THP vereint wie kein anderes Kajak die radikale Formsprache der modernen Half-Slice-Kajaks und die damit verbundenen Vorteile mit den sicheren Fahreigenschaften eines Creekers. Dass so ein außergewöhnliches Kajak auch einen speziellen Namen braucht, das ist doch eigentlich klar. Oder?

 

 

Die History des THP

Doch wie kam es nun dazu? Zum THP und zu seinem außergewöhnlichen Namen? Fangen wir dafür am besten mal ganz vorne an. Beim ersten Gedanken, der sich im Hirn breit macht, dann immer mehr Platz einnimmt, schließlich ausgesprochen wird - und am Ende in einem ersten Prototypen endet. Beim THP entstand dieser Gedanke an der guten alten Soca. Als immer mehr Kunden und Kundinnen von Christian und Nadja und ihrer Kanuschule den Wunsch äußerten, in den Kursen eine Machete paddeln zu wollen. Unabhängig vom Kursniveau. Weil die Machete einfach super fährt und ganz viel Spaß macht.
Was aber, wenn man die verspielten Eigenschaften des flachen Hecks der Machete gar nicht so richtig zu schätzen weiß? Etwa weil man gar nicht spielen will oder kann, zum Beispiel weil die Rolle noch gar nicht sicher sitzt. Dann kann das sportliche Fahrverhalten der Machete durchaus auch hinderlich sein bei der paddlerischen Entwicklung. Der Ruf nach etwas mehr Volumen im Heck wurde laut.
 
Ähnliches stellten wir bei den ambitionierteren Wildwasserpaddlern fest. Auch unter ihnen war die Machete schnell das beliebteste Kajak unserer Flotte. Wo man hinkam, sah man Macheten - auch auf den sportlicheren Wildwassern Europas - von Griechenland bis Norwegen. Doch auch hier wurde immer wieder der Wunsch geäußert, eine Machete mit einem dickeren Heck zu haben. Ein spaßiges, agiles Kajak für den „dickeren Scheiß“ und mit einem Quäntchen mehr an Sicherheit wenn es darauf ankommt.
 
 

Der Gedanke reifte also, ein Kajak zu bauen, dass von den Grundeigenschaften maximal nah an die Machete herankommt, trotzdem aber mehr Sicherheit bietet. So nahmen wir an der bestehenden Machetenform einige Änderungen für einen ersten Prototypen vor. Aber nur so weit, als dass man vom ersten Gefühl her noch denkt, man sitze im gleichen Kajak. Wir fügten dezent mehr Rocker hinzu, rundeten die Kanten am Bug etwas ab und packten einen Haufen Volumen auf das Heck. Letzteres allerdings ohne dem Kajak die radikale Kante zu klauen. Denn diese macht einen Großteil des Fahrverhaltens aus. Sie sorgt dafür, dass Einsteiger wie fortgeschrittene Paddler ein besseres Feedback vom Fluss bekommen, somit ordentlicher Kanten und von Anfang an präzise paddeln lernen. Ambitionierte Wildwasserfahrer können durch diese scharfe Kante das Kajak aber genauso gut boofen und das Heck über die Kante ins Wasser drücken, wie bei einem Halfslice.

So entstand das radikale Design des THP. Frei nach dem Motto „Form follows Function“.  Und der Plan geht auf. Steht man am gut eingeschenkten Bach seiner Träume, den man bei dem Pegel vielleicht nicht mehr mit seiner geliebten Machete paddeln möchte, nimmt man einen THP. Macht man die Augen zu, so spürt man kaum einen Unterschied. Die Boote fahren sich nahezu identisch. Zumindest so lange, bis es wuchtig und stufig wird. Dann spielt das Volumenpaket auf dem Heck des THP seine Vorteile aus. Denn bekommt der THP Heckwasser, beschleunigt er nicht in die Vertikale, sondern die Energie wird in Vortrieb gewandelt und Boot und Paddler skippen aus der Stufe heraus nach vorne.

Auch wer keine Machete hat oder kennt, der sollte unbedingt mal unseren THP probieren. Denn das Kajak ist nicht nur super leicht zu fahren, sondern macht auch riesig Spaß. Durch das breite und flache Unterschiff mit der ausgeprägten Kante ist der THP anfangsstabil, drehfreudig und trotzdem spurtreu. Er ist verspielt wie kein zweiter Creeker und lässt sich selbst in kleinen Wellen und Walzen spinnen und kontrolliert surfen. Er booft sich super leicht, die Kante am Heck lässt sich mit wenig Kraftaufwand versenken. Je mehr man auf die Kante geht, desto leichter lässt sich die Spitze heben und man fliegt förmlich über Walzen und Rückläufe. Der THP skippt kontrolliert aus Stufen und Fällen und lässt auch bei voller Fahrt noch eine Kursänderung zu.

 
Wildwasser-Paddler mit Kajak auf der Schulter

 

Der Name

Doch wie kam es jetzt zum bekloppten Namen? Grundsätzlich ist die Namensfindung immer besonders kompliziert bei einem Kajak. Man muss nicht nur die Urheberrechte im Blick behalten, sondern auch schauen, dass der Name allen im Team einigermaßen gefällt. Deshalb haben wir uns immer wieder bei Lettmann zusammengesetzt und diskutiert. Ziemlich lange. Immer wieder. Am Ende war wohl ich es, der die Diskussion ein für alle Mal beenden wollte und wohl gesagt hat: „Dann lasst uns das neue Boot doch THP nennen, The Horny Potato“. Einerseits, weil wir alle von den neuen Fahreigenschaften so gestoked waren, dass wir das Boot einfach „nur geil“ fanden, andererseits, weil uns immer wieder die Kartoffel in den Sinn kam und uns diese Assoziation zum ersten Prototypen wohl einfach nicht mehr aus dem Kopf ging. Dazu muss man wissen, dass das Synonym Kartoffel seit dem Manta immer wieder für die Lettmann-Prototypen herhalten musste. Entstanden ist das Ganze daraus, dass der erste Manta-Prototyp nach vielen Anpassungen und Veränderungen nicht mehr wirklich vorzeigbar war und er für einen Messe-Auftritt in Alufolie eingewickelt wurde. Kurzum wurde dieser vom Kayak-Session-Magazin als „Ofen-Potato“ betitelt… that´s the Story.

 

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